Rückenprobleme bei Kindern

„Wäre das Thema nicht so ernst, könnte man wild draufloswitzeln. Zum Beispiel, dass es Jugendlichen heutzutage nicht mehr reicht, in immer noch jüngeren Jahren einen über den Durst zu trinken und zu rauchen – jetzt müssen sie auch noch „Rücken“ haben. Beim Blick auf aktuelle Zahlen bleiben einem solche Spötteleien aber im Halse stecken. Auch wenn man es nicht für möglich halten möchte: Laut einer Studie des Robert-Koch-Instituts, für die über 17.000 Jugendliche befragt wurden, sind Rückenschmerzen nach Kopf- und Bauchschmerzen die dritthäufigsten Beschwerden bei Kindern und Jugendlichen von 11- bis 17-Jahren. Wenngleich es viele Ursachen gibt die zusammenspielen, lässt sich eine Hauptursache feststellen: Kinder sitzen zu viel und bewegen sich zu wenig.

Mama, ich habe Rücken!

Zu dieser Erkenntnis passt, dass die „DAK“ und das Forsa-Institut in einer repräsentativen Lehrerbefragung herausgefunden haben, dass in den vergangenen zehn Jahren ein Anstieg von motorischen Defiziten bei Schülern zu verzeichnen ist. Rund 70 Prozent der Lehrer stellten mit Blick auf die vergangenen zehn Jahre ganz allgemein einen Anstieg von Gesundheitsproblemen bei Schülern fest; auch Stress und psychosomatische Beschwerden nehmen zu. Auf der Suche nach den Ursachen findet man sich schnell in vorhersehbaren Gefilden: Es genügt ein Blick auf die Spielplätze in den Wohnvierteln, auf die Wiesen vor der Stadt oder in Richtung der Bolzplätze, um festzustellen, dass dort schon mal mehr Leben war. Kinder, die den ganzen Nachmittag am Fußballplatz, auf der BMX-Bahn oder am Skate-Platz verbringen, im Wald verstecken spielen oder auf der Straße vor dem Haus stundenlang Kreidestraßen für den Tretroller oder das Kettcar malen, sind zur Seltenheit geworden. Natürlich sind Kinder auch noch draußen unterwegs – nur kommen sie später und gehen früher wieder heim.

Junge Jahre im sitzen: ein Blick auf die Ursachen

Vor allem dürfte das Vorkommen von Gymnasiasten auf öffentlichen Plätzen in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen haben. Seit der deutschlandweiten Umstellung vom neunstufigen Gymnasium auf das so genannte G8 haben Schüler bis auf wenige Ausnahmen bis zu 36 Wochenstunden anstatt bislang 30 auf dem Stundenplan. Hinzu kommen die Hausaufgaben und vermehrt Nachhilfestunden, weil die selbe Stoffmenge in minus zwölf Monaten eine Rechnung ist, die für manche einfach nicht aufgeht. Ein gestiegenes Lernpensum ist übrigens auch an Realschulen und Mittelschulen zu verzeichnen. Sogar an Hochschulen müssen Studenten mit weniger Zeit auskommen: Nach der Einführung des Bachelor- und Master-Systems kommen Studenten zwar ein bis zwei Jahre früher an einen Abschluss, sitzen aber während des Studiums auch länger am Schreibtisch und im Hörsaal.

Der natürliche Bewegungsdrang von Kindern sorgt wenigstens zu Grundschulzeiten noch dafür, dass sich die Schüler nach Unterricht und Hausaufgaben in Aktivitäten stürzen, von denen es einem Mittelstufler oft schon zu anstrengend ist, nur davon zu träumen. Klar: Mit 14, 15 Jahren ist vielleicht noch bei Jungs das Fußball- oder bei Mädchen das Hip-Hop-Tanztraining cool. Ansonsten aber bekommen so rückenstärkende und sportlich fordernde Betätigungen wie Bäumeklettern übermächtige Konkurrenz von Spielekonsolen, Sozialen Netzwerken oder dem Fernseher. Erschwerend kommt hinzu, dass immer weniger Eltern ohne zweites Einkommen auskommen können – was wiederum Halbwüchsige befähigt, relativ unkontrolliert ihren nicht immer gesunden Neigungen im Übermaß nachzugehen.

Ins Bild passt, dass Mediziner und Gesundheitskassen auch einen Anstieg bei Fällen von Übergewicht, Diabetes, Gelenkschmerzen oder Bluthochdruck verzeichnen.

Bewegung fördern: Das gar nicht so schwierige Gegenprogramm

Auch der Verein „Aktion Gesunder Rücken“ (AGR) sieht die Ursache für die stetig steigende Zahl von Schülern mit Rückenbeschwerden in den „modernen Lebensumständen“. „Neueren Umfragen zufolge hatte knapp die Hälfte der Grundschüler schon einmal darunter zu leiden und bei den älteren Jugendlichen steigt die Zahl auf bis zub 80 Prozent“, so eine aktuelle Pressemeldung. Darin gibt der Verein, der sich seit 20 Jahren mit der Prävention und Therapie der Volkskrankheit „Rückenschmerzen“ beschäftigt, auch Lösungsvorschläge für das verbreitete Problem.

Demnach sind sich die Experten einig, dass zwei grundlegende Dinge beachtet werden müssen, um Verspannungen von Kinderrücken vorzubeugen: viel Bewegung und die richtigen Möbel. Auch der Geschäftsführer der „Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung“ (BAG), Dr. Dieter Breithecker, rät, dass Kinder sich mindestens drei Stunden am Tag bewegen. Zwar hätten die meisten Kinder ohnehin großen Bewegungsdrang und möchten von sich aus toben, spielen und rennen. Er rät Eltern aber, dieses Bedürfnis auch zu fördern, ebenso, wenn das Kind sich für Sport begeistert. Abwechslungsreiche Bewegung, die den ganzen Körper involviert, sei dabei besser als eine frühzeitige Spezialisierung auf eine einzige Sportart. Diese diese Vielseitigkeit gibt wichtige Impulse für die körperliche, geistige und psychische Entwicklung.

Richtig sitzen: Wenn schon, dann ergonomisch sinnvoll

Erstaunlicherweise spielt Ergonomie bei Kindermöbeln in der Wahrnehmung von Eltern oft eine eher untergeordnete Rolle. Doch genauso wichtig wie ein optimal einstellbarer Bürostuhl bzw. ortopädischer Bürostuhl für Erwachsene ist, so wichtig ist ein ergonomischer Bürostuhl für Kinder. Die AGR hat einen umfangreichen Kriterienkatalog formuliert, den Kindersitzmöbel erfüllen müssen, um mit dem AGR-Gütesiegel als besonders rückengerechte Produkte ausgezeichnet zu werden. Neben der Anpassungsfähigkeit an verschiedene Haltungen und Sitzpositionen zählen dazu eine Höhen-Verstellbarkeit, Federung sowie ergonomische Sitz- und Lehneigenschaften. Dreidimensional bewegliche Stühle oder Hocker fördern dynamisches Sitzen und unterstützen die natürliche Lust von Kindern an der Bewegung. Als positiver Nebeneffekt werde die Konzentrationsfähigkeit verbessert.

Zum passenden Stuhl gehört ein einstellbarer Tisch. Die AGR beschreibt eine Neigungsfunktion von mindestens 16 Grad als wichtig. Der Grund: Durch eine starre und flache Tischplatte werden Verspannungen im Nacken begünstigt. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Ausstattung von Schulen und Universitäten oft nicht ergonomischen Standards entspricht, ist es wichtig, dass Kinder und Jugendliche daheim auf guten Möbeln sitzen – wenn sie schon lange sitzen müssen. Laut Experten wäre es zu wünschen, dass eine dynamische Unterrichtspädagogik mit der Möglichkeit abwechselnd im Sitzen und Stehen zu lernen angewendet würde.

Richtig bewegen: Übungen für einen gesunden Kinderrücken

Wie für Erwachsene ist jegliche Art von Bewegung auch gut für Kinderrücken. Im Prinzip ist genau das Gegenteil von Computerspielen angesagt: Anstatt Tennisbälle über ein Pixelfeld oder Ganoven durch den virtuellen Raum zu jagen und dabei nicht viel mehr zu bewegen als die Daumen respektive die Hände, sollte das Kind ein paar Stunden den ganzen Körper bewegen. Außer vielleicht die Daumen. Denn beim Computerspielen lümmeln die meisten im Sessel und belasten dabei ihre Wirbelsäule nur einseitig und vor allen Dingen stärken ihre Rückenmuskulatur nicht. Wie alles, das man nicht benutzt, verkümmern die Muskelstränge im Rücken, wenn sie zu lange nicht gebraucht werden. Regelmäßiger Sport, der den ganzen Körper fordert – zum Beispiel Schwimmen, Leichtathletik, Radfahren oder Klettern – sind immer noch der beste Weg, um Rückenschmerzen vorzubeugen. Auch entgeht man so immer noch am wirksamsten einem Problem, das erstens das Wohlbefinden und zweitens als Folgeerscheinung den Rücken beeinträchtigt: Übergewicht.

Junge Menschen tun sich mit dem gesunden Muskelaufbau und Gewichtabbau übrigens erheblich leichter als ältere Menschen und sollten das Problem daher auch möglichst frühzeitig erkennen, angehen und zum Lebensinhalt machen – um möglichst lange keine derartigen Beschwerden zu bekommen. Um’s flapsig auszudrücken: Die Mission muss lauten, das Thema „Rückenschmerzen“ wieder den Alten zu überlassen.

Mehr Information

Die Homepage der „Schön Klinik“ gibt „Starke Tipps für einen gesunden Kinder-Rücken“ und bietet medizinisch sinnvolle Rücken-Übungen für Schulkinder an.

BÜROSTÜHLE FÜR KINDER

Experten Tipp: Nach 50 Minuten Pause

Wie sieht das konkret aus?

Nach 50 Minuten Bildschirmarbeit sollten Sie eine Pause von 10 Minuten einlegen. Gönnen Sie sich etwas Bewegung, atmen Sie frische Luft und trinken Sie ausreichend Wasser. Ein Blick in die Ferne und Augenentspannungsübungen geben Ihren Augen neue Energie für die visuelle Arbeit.

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